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Bericht zum Vortrag „Aktuelle praktische Probleme im Flüchtlingsrecht“

Im Rahmen der Vortragsreihe der RLCR wurde RA Hubert Heinhold für einen Vortrag eingeladen. Er besprach im Kern die aktuellen Probleme hinsichtlich des Flüchtlingsrechts aus der Praxis.


Text und Titelbild von Michael Justice


Der Dozent RA Heinrich Heinhold


Debattiert der Deutsche Bundestag über asylrechtliche Fragestellungen, ist es häufig Hubert Heinhold, der um Stellungnahme gebeten wird. Der Rechtsanwalt ist einer der renommiertesten Experten auf seinem Gebiet und war in der Vergangenheit in den Vorständen der Bundesarbeitsgemeinschaft „ProAsyl“ und des bayerischen Flüchtlingsrates neben seiner anwaltlichen Tätigkeit engagiert. Viele Erkenntnisse aus seiner 30-jährige Expertise hat er im Leitfaden „Recht für Flüchtlinge“ gesammelt. So können Helferkreise, Engagierte und Law Clinics von seinem Engagement profitieren.


Der Vortrag


Um die Refugee Law Clinic Regensburg nicht nur in Buchform zu unterstützen, war Herr Heinhold am 15. Mai persönlich an der Universität und stellte den Beratern und anderen Interessierten Neuigkeiten und Probleme aus dem Asylrecht dar.

Die drei großen Themen, die er mitgebracht hat, waren:


Beschäftigungs- und Ausbildungserlaubnis bzw. -verbot

Aktuelle Rechtsprechung zu Syrien und damit einhergehende Probleme

Familiennachzug

Zu Beginn zeigte er die historische Entwicklung der Arbeitserlaubnis von Geflüchteten auf: Von einem absoluten Beschäftigungsverbot änderte sich die Rechtslage hin zu einer Wartefrist, die betroffene Personen bis zur Beschäftigung einhalten müssen.

Aktuell besteht im Grundsatz ein Beschäftigungsverbot, jedoch gibt es die Ausnahme aus § 4 III AufenthG, wonach die Erlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit an die Voraussetzung eines Aufenthaltstitels geknüpft ist. Gemäß § 61 I AsylG ist eine solche Tätigkeit während der Zeit, in der der Asylbewerber sich in der Aufnahmeeinrichtung befindet, verboten. Hieraus ergibt sich das Problem, dass dieser Zeitraum stark variieren kann. Nach § 48 AsylG beträgt er zwar längstens sechs Monate, aber Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern können auch durchaus verpflichtet sein, 36 Monate dort zu bleiben und dürfen somit solange nicht arbeiten.


Bei der Erteilung einer Arbeitserlaubnis empfiehlt das bayerische Innenministerium in einem IMS eine Ermessensabwägung. Dabei sollen als Kriterien unter anderem herangezogen werden: Ist die Identität geklärt? Ist eine Abschiebung möglich, beziehungsweise wie sind die Bleibeaussichten? Sind bereits Straftaten begangen worden? Wie gut sind die Deutschkenntnisse?


Hubert Heinhold hatte an dieser Herangehensweise einiges zu kritisieren. Zum einen ist er der Ansicht, dass der Ansatz, Straftätern eine Arbeitserlaubnis nicht zu gestatten, für deren Resozialisierung nicht förderlich sei – im Gegenteil. Außerdem werde in der verwaltungspraktischen Umsetzung häufig ein Ermessen gar nicht vorgenommen, sondern beispielsweise die Tatsache einer ungeklärten Identität alleine als Argument zur Ablehnung herangezogen. Auch das Merkmal der Bleibeaussichten tue dem einzelnen Arbeitserlaubnisersuchenden Unrecht, da zum Beispiel den Landratsämtern vom BAMF die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus einem bestimmten Herkunftsland mitgeteilt und auf Grundlage dessen über die Beschäftigungserlaubnis entschieden werde.


Laut Herrn Heinhold fußt das deutsche Asylrecht aber auf Einzelfallentscheidungen – die dargestellte Entscheidungspraxis berücksichtige die einzelnen Umstände jedoch häufig nicht angemessen. Manchmal komme es ihm gar so vor, als sei die Maxime in der Politik nicht, Menschen zu integrieren, sondern Menschen abzuschieben.


Für die Berater der Law Clinic hat er noch folgenden praktischen Hinweis: Für Asylbewerber ist es sinnvoll, sich noch während des laufenden Verfahrens um eine Ausbildungsstelle zu bemühen, da dies die Bleibechancen erhöht. Nach abgeschlossener Ausbildung wird eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr gewährt, um einen Arbeitsplatz in seinem Beruf zu suchen.

In § 60a II 4 AufenthG ist eine qualifizierte Berufsausbildung gefordert. Damit sind alle mindestens zweijährigen Ausbildungsberufe gemeint. Alleine der Schulbesuch oder beispielsweise eine Krankenpflegeausbildung reichen nicht aus.


Das nächste Thema von Herrn Heinhold war die aktuelle Entscheidungspraxis in Bezug auf Syrer.

Eine große Änderung liegt in der Tatsache, dass seit Anfang des Jahres wieder alle Syrer angehört und nicht mehr im beschleunigten Verfahren behandelt würden. Außerdem sei die Quote der zumindest subsidiär Schutzberechtigten von neunzig auf sechzig Prozent gesunken. Momentan gebe es in Folge dessen eine Vielzahl an Aufstockungsklagen bei den Verwaltungsgerichten.


Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gehe davon aus, dass sich bei den wehrpflichtigen 18- bis 42-jährigen syrischen Männern ein Grund für subsidiären Schutz alleine aus dem Alter ergebe, da diese bei einer möglichen Rückkehr nach Syrien als Deserteure mit Folter rechnen müssen.


Insgesamt hatte Hubert Heinhold die intransparente Dynamik der Schutzquote der Syrer zu kritisieren, da sich die Lage in Syrien in den letzten Jahren keineswegs zum Positiven geändert habe. Dies sei wohl auf eine veränderte politische Lage in Deutschland zurückzuführen.


Abschließend ging es noch um den Familiennachzug zu Flüchtlingen. Dieser ist momentan zu subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 104 XIII AufenthG ausgesetzt und Herr Heinhold vermutet, dass dies auch noch nach März 2018 durch eine Nachfolgere

gelung der Fall sein wird. In der Politik würde bereits der Ruf nach einer solchen laut.


Allgemein sind Voraussetzungen für den Familiennachzug, dass der Lebensunterhalt für die Familie in Deutschland gesichert ist, ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht und beim Ehegattennachzug Deutschkenntnisse vorliegen. Für Eltern eines anerkannten minderjährigen Flüchtlings gelten diese Kriterien nicht – genau so wie für Fälle, in denen eine besondere Härte im Sinne des § 36 II AufenthG vorliegt.


Die momentan einzige Möglichkeit, Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten durchzuführen, sei in § 22 AufenthG geregelt. Jedoch gebe es seit Inkrafttreten der Regelung erst 56 solcher Anträge und bisher ist keiner davon entschieden worden. Auf das Ergebnis ist somit mit Spannung zu warten.


Zum Ende des Vortrags hatte Hubert Heinhold noch einen Appell an die überwiegend studentischen Zuhörer: Auch wenn das Asylrecht eine Vielzahl an Niederlagen mit sich bringt, lohnt es sich zu kämpfen und für seine persönlichen Werte und juristischen Vorstellungen einzustehen. Einem Menschen am Ende doch geholfen zu haben sei höchst befriedigend.


Sein Motto: „Bescheidene Ziele hartnäckig verfolgen“.

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