Unsere Mitarbeiterin Judith begleitete eine Asylbewerberin aus Äthiopien zur Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Wie sie die Anhörung erlebt hat und warum die Begleitung so wichtig ist, berichtet sie in diesem Text.
Text von Judith Kronbichler
Ich bin erst ganz neu bei der Refugee Law Clinic Regensburg mit dabei und bin daher noch nicht sehr im Flüchtlingsrecht bewandert. Aus diesem Grund habe ich mir eine Aufgabe ausgesucht, bei der ich schnell in direkten Kontakt mit der Thematik komme, aber nicht allzu viel rechtliches Vorwissen benötige. Ich habe mich deshalb gemeldet, als eine Begleitperson für eine äthiopische Frau gesucht wurde, um diese zur Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über ihre Fluchtgründe zu begleiten.
Ich habe mich sofort mit der Sozialbetreuerin der Frau in Verbindung gesetzt, um nähere Informationen über diese zu erhalten und um den Grund herauszufinden, warum sie eine Begleitperson wünscht. Es stellte sich heraus, dass die Frau einen einjährigen Sohn hat und meine Aufgabe besonders darin bestehen sollte, während der Anhörung auf den Kleinen aufzupassen, damit die Mutter sich besser auf die wichtige Anhörung konzentrieren kann. Ich habe die Frau per SMS kontaktiert, um mich kurz vorzustellen und sie zu vergewissern, dass ich am nächsten Morgen mit ihr zur Anhörung käme. Auch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe ich mich als Begleitperson angemeldet, weil ich von Kollegen gehört habe, dass das Amt oftmals den Begleitpersonen verbietet oder zumindest erschwert, an der Anhörung teilzunehmen.
Der Termin für die Anhörung war für 8.00 Uhr in Zirndorf anberaumt. Es ist ein Sammeltermin. Alle Asylantragsteller und die wenigen Begleitpersonen müssen sich um diese Zeit beim BAMF einfinden und dort warten, bis sie aufgerufen werden. Wir hatten Glück und wurden als erste aufgerufen, vielleicht, weil die Mitarbeiter des BAMF wussten, dass ein kleines Kind mit dabei war.
Vorbereitung ist alles
Ich habe mich schon darauf vorbereitet, dass es womöglich zu Problemen kommt und man mir verbietet, bei der Anhörung dabei zu sein. Darum hatte ich mich im Vorfeld über das Recht informiert, als Begleitperson an der Anhörung teilzunehmen, und war mit dem Gesetzestext ausgestattet. All das brauchte ich glücklicherweise nicht, denn die Mitarbeiterin des BAMF, die die Anhörung leitete, hatte nichts an meiner Teilnahme auszusetzen.
Kurz bevor wir den Anhörungsraum betraten, habe ich der äthiopischen Frau nochmal eingeschärft, sie solle sehr ausführlich antworten, bei Unklarheiten immer nachfragen und sofort mitteilen, wenn sie die Dolmetscherin nicht verstehe. Sie müsse gut begründen, warum sie politisch verfolgt werde, und solle nicht von wirtschaftlichen Gründen sprechen. Ebenso, dass es wichtig sei, alles zu erzählen, was ihr zugestoßen sei.
Die Mitarbeiterin des BAMF, die die Anhörung leitete, war sehr höflich und verständnisvoll, hat nur wenig spezifische Fragen gestellt und hat die Frau ausgesprochen lange reden lassen. Die ersten Fragen waren, ob sie die Dolmetscherin auch gut verstehe und ob sie sich in der Verfassung fühle, diese Anhörung auf sich zu nehmen. Ich war die meiste Zeit damit beschäftigt, auf das kleine Kind aufzupassen, und konnte deshalb die Anhörung nicht zur Gänze mitverfolgen. Die Frau erzählte sehr ausführlich und hatte kein Problem, auch über sehr grausame und intime Erlebnisse zu sprechen. Es wurden mehrere Fragen gestellt, die Auskunft geben sollten, ob sie auch wirklich politisch verfolgt werde. Ebenso wurde nach Adressen und Namen gefragt, um den Wahrheitsgehalt ihrer Erzählungen zu prüfen.
3 Stunden für die Geschichte eines Menschen
Das Gespräch dauerte mit einigen kurzen Unterbrechungen wegen des Kindes ca. 3 Stunden. Nachdem die Anhörung zu Ende war, wurde der Frau angeboten, dass ihr, bevor sie das Protokoll der Anhörung unterschreibt, alles nochmal in ihre Sprache rückübersetzt werde. Es war die Dolmetscherin, der sehr viel daran gelegen war, dass die Frau nach einer so langen Anhörung sich nochmal die Zeit nimmt, alles in ihrer Muttersprache wiederholt zu bekommen. Die Dolmetscherin bat mich mit dem Kind den Raum zu verlassen, damit die Frau ungestört das Anhörungsprotokoll in ihrer Muttersprache hören kann, um mögliche Fehler auszubessern oder Vergessenes hinzuzufügen. So hat die Anhörung insgesamt 4 Stunden gedauert.
Ich bin froh, dass ich als Begleitperson mitgekommen bin und dieser Frau eine kleine Hilfe sein durfte. Es war sicherlich gut für sie zu wissen, dass sie nicht allein ist und dass jemand auf ihrer Seite steht. Natürlich war das Wichtigste, dass sich jemand während der Anhörung um ihr Kind gekümmert hat. Hätte sie niemanden gehabt, wäre die Frau sicherlich unter noch größerem Stress gestanden. Sie hätte wohl mehr Probleme gehabt, über die schrecklichen Ereignisse zu sprechen und hätte sich schlechter auf den Sachverhalt konzentrieren können.
Selbst wenn man als Begleiterin den Asylbewerbern nicht immer rechtlich weiterhilft, kann man dazu beitragen, dass die Anhörung rechtmäßig abläuft und dass sich die Person nicht alleingelassen fühlt.
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